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Stand: 20.10.2023, 15:04 Uhr

Das Start-up Amazing Books bietet eine einfache KI-Lösung für Verlage an. Ist sie vielleicht zu einfach? Ist es vielleicht Kunst?

Ein Thema treibt Verlegerinnen und Verlegern die Schweißperlen auf die Stirn: Die Künstliche Intelligenz ist da - aber wie soll man sie handhaben? Vor allem rechtliche Fragen zum geistigen Eigentum sind kompliziert. Zum einen, weil die KI auf Lizenzen pfeift und sich einfach alle Texte krallt, auch die, die in den dunklen Ecken des Internets herumschwirren. Zum anderen, weil maschinengenerierte Texte juristisch gesehen wahrscheinlich niemandem wirklich gehören. Politische Regelungen fehlen sowieso. Dann kommt plötzlich die Überraschung: Es scheint jetzt eine praktikable Lösung für die KI-Problematik in der Literaturbranche zu geben, vorgestellt wurde sie von einem innovativen Start-up-Unternehmen: Amazing Books, anzutreffen in Halle 3.1 der Frankfurter Buchmesse. Amazing Books hat ein System entwickelt, mit dem lizenzierte Texte in eine KI-Software eingespeist werden und durch ein ausgeklügeltes Urheberrechtssystem in Token - und dann in Geld - umgewandelt werden können.

Jetzt kommt der Haken. Das ist natürlich viel zu einfach und klingt viel zu schön, um wahr zu sein. Das Ganze ist ein Fake: Das Start-up Amazing Books mit seinem KI-Programm ist eine Erfindung des Aktionskunst-Kollektivs Peng!.

Auf der Buchmesse hat es eine satirische Aktion gestartet, ist bei etwa 30 großen und kleinen Verlagen hausieren gegangen, hat erstaunlich schnell Gesprächstermine bekommen und ist auf großes Interesse gestoßen, wie das Kunstkollektiv erzählt.

Die Idee des Programms sei, eine Art Spotify für Literatur zu etablieren, erklärt Vincent Scholz, der Pressesprecher von Amazing Books (Scholz ist eine fiktive Figur, und es spricht in Wahrheit natürlich ein Peng!-Mitglied): Die Verlage verkaufen ihre Lizenzen, etwa an Sibylle-Berg- oder Jane-Austen-Texten an Amazing Books. Deren eigens programmierte KI schreibe diese Texte auf Basis von Amazon-Nutzerprofilen ganz nach den Wünschen und Sehnsüchten der Kundinnen und Kunden (also der Leserinnen und Leser) um. Tauchen fünf zusammenhängende Wörter aus dem Originaltext in dem neuen Buch auf, greift das Urheberrecht - und der Verlag verdient. In Wirklichkeit aber versuche Amazing Books, die Verlage in ein „teuflisches Spiel“ zu verwickeln, verrät Scholz. Das Perfide am Deal: Die Verlagsbranche solle Schritt für Schritt in eine Abhängigkeit gelockt werden - und am Ende werde einfach alles an Amazon verkauft.

Das Peng!-Kollektiv, das sich nach einem Zerwürfnis im Jahr 2021 wieder neu organisiert zu haben scheint, will damit auf die Übermacht großer Tech-Konzerne, die einseitige Orientierung am Profit, die Unwissenheit in Zusammenhang mit dem Thema KI, das Fehlen von technischem Knowhow in den Verlagen - und auf damit verbundene gefährliche Folgen aufmerksam machen: KI sei eine gemeinschaftliche Ressource und gehöre zur öffentlichen Infrastruktur, sagt Scholz. Man sollte sie nicht so bereitwillig in fragwürdige Hände geben.